Drei Jahrhunderte, drei Frauen, ein Schicksal: V.E. Schwabs "Bury Our Bones in the Midnight Soil"

Ein atmosphärischer Vampirroman zwischen Genialität und Enttäuschung

Wenn V.E. Schwab ein neues Buch veröffentlicht, ist meine Aufmerksamkeit garantiert. Die Autorin von "Vicious" und der "Shades of Magic"-Reihe hat sich einen Namen als Meisterin düsterer Fantasy gemacht. Mit "Bury Our Bones in the Midnight Soil" wagt sie sich nun an das klassische Vampir-Genre – und liefert ein Werk ab, das mich gleichzeitig fasziniert und frustriert hat.

Die Grundidee: Zeitreise der besonderen Art

Das Konzept ist brilliant: Schwab erzählt die Geschichte von drei Frauen aus verschiedenen Jahrhunderten – Maria (1511), Charlotte (1827) und Alice (2019) –, deren Schicksale durch Blut und Verwandlung miteinander verwoben sind. Jede durchlebt ihre eigene Vampir-Werdung und muss sich in ihrer jeweiligen Zeit damit arrangieren.

Was sofort ins Auge sticht: Schwab versteht es meisterhaft, jede Epoche authentisch zum Leben zu erwecken. Von der strengen katholischen Welt des 16. Jahrhunderts über die Regency-Ära bis hin zum modernen London – jede Zeitebene fühlt sich stimmig und durchdacht an. Als Fan historischer Settings war ich besonders von Charlottes Geschichte in der Regency-Zeit begeistert.

Charaktere mit Tiefe

Die drei Protagonistinnen könnten unterschiedlicher nicht sein, und genau das ist Schwabs Stärke. Maria/Sabine entwickelt sich von einer unterdrückten Ehefrau zu einer berechnenden, freiheitsliebenden Vampirin. Charlotte besticht durch ihren Wunsch nach Freiheit gepaart mit einer rührenden Naivität. Alice wiederum repräsentiert die moderne Frau, die mit übernatürlichen Konsequenzen umgehen muss.

Besonders Charlotte ist mir ans Herz gewachsen. Ihre emotionale Entwicklung und ihre zunehmenden Zweifel an ihrer Beziehung zu Sabine machen sie zur faszinierendsten Figur des Romans. Hier kommen die Gefühle am authentischsten rüber.

Atmosphäre und Symbolik

Schwabs Schreibstil ist gewohnt elegant. Die Symbolik rund um die titelgebende "Mitternachtserde" und das durchgängige Thema der Einsamkeit sind wunderbar durchdacht. Besonders berührend fand ich die Art, wie sie den Umgang verschiedener Vampire mit ihrer Existenz kontrastiert – von Giadas Liste der Namen bis hin zu Sabines besitzergreifendem Verhalten.

Die Autorin scheut auch nicht davor zurück, die dunkleren Aspekte des Vampirseins zu erkunden: die emotionale Abstumpfung, die fehlende Reue beim Töten, den körperlichen und geistigen Verfall über die Jahrhunderte.

Der Wermutstropfen: Tempo und Ende

Hier kommt mein größter Kritikpunkt: Das Buch leidet unter einem sehr langsamen Erzähltempo. Häufige Rückblenden und ausführliche Zwischenepisoden bremsen den Lesefluss erheblich. Obwohl ich Schwabs wunderschöne Satzkonstruktionen schätze, hatte ich oft das Gefühl, dass die Geschichte sich in Details verliert.

Auch das Ende hinterließ mich unbefriedigt. Nach so viel Charakterentwicklung und interessanten Wendungen hätte ich mir eine befriedigendere Auflösung gewünscht. Ohne zu spoilern: Es fühlt sich an, als würde sich ein Zyklus endlos wiederholen, anstatt dass die Charaktere eine echte Erlösung finden.

Fazit: Ein gemischtes Vergnügen

"Bury Our Bones in the Midnight Soil" ist ein Buch der Gegensätze. Schwabs atmosphärischer Schreibstil und ihre Fähigkeit, komplexe Charaktere zu erschaffen, sind unbestritten. Die Grundidee ist innovativ, die historischen Settings authentisch.

Aber das langsame Tempo und das unbefriedigende Ende trüben das Lesevergnügen erheblich. Es ist ein Buch, das ich schätze, ohne es zu lieben.

Für wen ist es geeignet? Fans von V.E. Schwab, die bereit sind, sich auf ein langsames, atmosphärisches Leseerlebnis einzulassen. Wenn ihr Vampirromane mit historischem Setting und komplexen Charakteren mögt, solltet ihr definitiv einen Blick darauf werfen.

Meine Bewertung: 3,5/5 Sternen

Habt ihr das Buch schon gelesen? Wie haben euch die verschiedenen Zeitebenen gefallen? Und was haltet ihr von Schwabs Interpretation des Vampir-Mythos? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!

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