Wenn Cowboy-Romance auf Übersetzungsprobleme trifft: "A Wild Cowboy's Heart" im Realitätscheck
Spoiler-freie Rezension | Stacey Kennedy | Romance
Manchmal greift man zu einem Buch und denkt: Das wird funktionieren. Craftbier-Business, Pferderanch, Friends-to-Lovers – alle Zutaten sind da. Stacey Kennedys "A Wild Cowboy's Heart" hatte auf dem Papier alles, was eine solide Cowboy-Romance braucht. Die Realität sieht leider anders aus.
Die Sache mit der Übersetzung
Fangen wir beim Elefanten im Raum an: Diese deutsche Übersetzung ist eine Katastrophe. Nicht nur ein paar holprige Stellen – nein, hier stolpert man konstant über Sätze, die im Deutschen einfach nicht funktionieren. "Beschützerinstinkt wecken" ist noch harmlos gegen manche Konstruktionen, die sich lesen, als hätte jemand den Text durch Google Translate gejagt und das Ergebnis ungeprüft gedruckt.
Das ist besonders ärgerlich, weil schlechte Übersetzungen den Lesefluss zerstören. Gerade bei Romance, wo es auf die emotionale Verbindung ankommt, reißt dich jeder ungeschickte Satz aus der Geschichte. Als Lektor blutet mir das Herz – hier wurde Potenzial verschenkt.
Charaktere zwischen Perfektion und Authentizität
Maisie hätte eine großartige Protagonistin werden können. Eine Frau, die sich in der Männerdomäne des Craft-Beer-Business behauptet, die ihre eigenen Träume verfolgt und gleichzeitig mit Familiendynamiken kämpft. Die Grundidee stimmt.
Aber Kennedy macht einen klassischen Fehler: Sie gestaltet Maisie zu perfekt. Sympathisch, kämpferisch, kreativ, loyal – alle positiven Eigenschaften sind da, aber sie fügen sich nicht zu einem glaubwürdigen Menschen zusammen. Ihre inneren Konflikte wirken aufgesetzt, als hätte jemand nachträglich gemerkt: "Oh, sie braucht noch ein paar Schwächen für mehr Tiefe."
Hayes funktioniert besser, hauptsächlich weil sein Trauma – der Verlust seiner Frau – eine echte emotionale Grundlage schafft. Hier spürt man den Schmerz, die Schuldgefühle, das Ringen mit neuen Gefühlen. Das Problem: Diese emotionalen Momente bekommen nicht den Raum, den sie verdienen.
Pacing-Probleme: Wenn Spice die Story übertönt
Romance lebt von der Balance zwischen emotionaler Entwicklung und körperlicher Anziehung. Kennedy hat diese Balance nicht gefunden. Gerade wenn Hayes mit seinen Schuldgefühlen ringt oder die beiden über ihre Vergangenheit sprechen sollten, werden diese Momente von expliziten Szenen unterbrochen.
Nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen Spice hätte – aber das Timing muss stimmen. Schwere Themen wie Trauer, Neuanfang und Schuldgefühle brauchen emotionalen Raum. Sie können nicht mal eben zwischen zwei heißen Szenen abgehakt werden.
Friends-to-Lovers: Verschenktes Trope-Potenzial
Das Friends-to-Lovers-Trope ist eines meiner liebsten in der Romance – wenn es richtig gemacht wird. Jahre der Freundschaft sollten eine solide Basis schaffen, kleine Momente des Umdenkens, erste Risse in der vertrauten Dynamik.
Hier fehlen diese subtilen Wendepunkte komplett. Die Protagonisten sind jahrelang befreundet, dann plötzlich – zack! – romantische Gefühle. Wo sind die kleinen Momente des Zweifelns? Die Augenblicke, in denen Freundschaft in etwas anderes umschlägt? Diese emotionale Entwicklung wird einfach übersprungen.
Was funktioniert trotzdem
Fairness muss sein: Kennedy kann Settings. Die Craftbier-Welt fühlt sich authentisch an, die Ranch-Atmosphäre stimmt. Man spürt Maisies Leidenschaft für ihr Bier, Hayes' Verbindung zu seinen Pferden. Das Handwerk des Worldbuildings beherrscht sie.
Auch die Grundkonstellation zwischen den drei Carter-Schwestern hat Potenzial. Familiendynamiken, unterschiedliche Persönlichkeiten, gemeinsame Geschäftsziele – da liegt Material für eine ganze Serie.
Fazit: Solide Unterhaltung mit verschenktem Potenzial
"A Wild Cowboy's Heart" ist keine schlechte Geschichte, aber sie hätte eine deutlich bessere sein können. Mit einer sauberen Übersetzung, ausgewogenem Pacing und mehr Zeit für die emotionale Entwicklung wäre hier ein richtig gutes Romance-Debüt entstanden.
So bleibt es bei solider Unterhaltung für alle, die entspannte Cowboy-Romance suchen und über handwerkliche Schwächen hinwegsehen können. Wer allerdings Wert auf Character Development und emotionale Tiefe legt, wird enttäuscht.
3/5 Sternen – und das hauptsächlich für das Setting und die Grundidee.
Habt ihr auch schon mal erlebt, dass eine schlechte Übersetzung ein vielversprechendes Buch kaputt gemacht hat? Erzählt mir davon in den Kommentaren!
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