Königinnen, die jung sterben: Warum ich trotzdem in Jennifer Benkaus Lyaskye hängengeblieben bin
Oder: Wie ich lernte, Portal Fantasy wieder zu lieben
Hand aufs Herz: Als ich "One True Queen: Von Sternen gekrönt" aufgeschlagen habe, war ich skeptisch. Noch eine Portal Fantasy? Noch eine Protagonistin, die plötzlich in einer anderen Welt aufwacht und zur Retterin bestimmt ist? Nach gefühlt hundert ähnlichen Geschichten in den letzten Jahren dachte ich: "Jennifer, du musst mich schon überraschen."
Und weißt du was? Hat sie.
Warum Lyaskye anders ist
Nicht, weil das Grundgerüst revolutionär wäre. Portal Fantasy bleibt Portal Fantasy, und Benkau erfindet das Rad nicht neu. Aber sie macht etwas, was viele ihrer Kolleg:innen vergessen: Sie erschafft eine Welt, die sich anfühlt, als könnte man sie riechen. Diese irisch-keltische Atmosphäre ist nicht nur Dekoration – sie durchdringt die Geschichte bis in die Sprache hinein.
Ich merke beim Lesen, dass Benkau ihre Hausaufgaben gemacht hat. Lyaskye fühlt sich an wie ein Ort, an dem Menschen tatsächlich leben, nicht wie ein Fantasy-Themenpark. Das ist seltener, als es sein sollte.
Die Sache mit dem Tempo
Was mich wirklich bei der Stange gehalten hat: Benkau versteht Pacing. In Zeiten, wo manche Autor:innen 200 Seiten für Weltenerklärungen brauchen, lässt sie mich sofort ins kalte Wasser springen. Mailin wacht in einer fremden Welt auf, und ich wache mit ihr auf. Keine endlosen Exposition-Dumps, sondern: learning by doing.
Das funktioniert besonders gut, weil die emotionale Basis stimmt. Mailins Beziehung zu ihrer Schwester ist der Anker, der die ganze Geschichte zusammenhält. Hier spüre ich echte Gefühle, nicht nur Plot-Motivation.
Wo ich ins Straucheln gerate
Aber – und das ist ein wichtiges Aber – Benkau macht einen klassischen Debüt-Fehler: Sie will zu viel auf einmal. Die schiere Masse an Nebenfiguren überfordert mich stellenweise. Ich bin jemand, der sich normalerweise jeden Charakter merkt, aber hier verliere ich den Überblick. Nicht alle Figuren bekommen die Zeit, die sie bräuchten, um mehr als Namen auf einer Seite zu sein.
Das ist schade, weil ich spüre, dass da Potenzial liegt. Manche Charaktere hätten verdient, mehr als nur Funktionsträger zu sein.
Romantasy im Jahr 2025
Was mich beim Lesen beschäftigt hat: Wo steht Romantasy eigentlich gerade? Wir haben eine Generation von Leser:innen, die mit Sarah J. Maas und Rebecca Yarros aufgewachsen ist. Die wissen, wie diese Geschichten funktionieren. Benkau navigiert geschickt zwischen Genreerwartungen und eigenen Ideen – manchmal mehr, manchmal weniger erfolgreich.
Die Wendungen schwanken zwischen "das habe ich drei Kapitel vorher gesehen" und "okay, das war clever". Benkau traut sich nicht immer, wirklich zu überraschen, aber wenn sie es tut, funktioniert es.
Mein Fazit nach 400 Seiten
"One True Queen" ist solide Romantasy, die ihre Stärken im Worldbuilding und Pacing hat. Es ist nicht das Buch, das das Genre neu erfindet, aber es ist eines, das zeigt, warum Portal Fantasy immer noch funktionieren kann, wenn sie mit Herz erzählt wird.
Ich werde Band 2 lesen. Nicht, weil mich die Cliffhanger dazu zwingen, sondern weil ich wissen will, ob Benkau das Potenzial ausschöpft, das ich hier gespürt habe.
An alle Romantasy-Fans da draußen: Habt ihr das Buch schon gelesen? Wie seht ihr den aktuellen Zustand des Genres? Und mal ehrlich: Wann habt ihr das letzte Mal eine Portal Fantasy gelesen, die euch wirklich überrascht hat?
Lasst es mich in den Kommentaren wissen!
Rating: 3,5/5 Sternen
Genre: Romantasy, Portal Fantasy
Trigger Warnings: Gewalt, Tod von Nebenfiguren
Für Fans von: Sarah J. Maas, Elspeth Cooper, Keltische Fantasy