Zwischen Potenzial und Frustration – A Crown of Fangs and Fury

Ich bin mit gemischten Gefühlen aus diesem Buch rausgegangen. Ursa Jaumanns Debüt hat durchaus Momente, in denen alles stimmt – die düstere Atmosphäre, die Intrigen am Werwolfhof, interessante Nebenfiguren. Aber es gibt auch Stellen, an denen ich mir gewünscht hätte, die Geschichte würde andere Wege gehen.

Die Herausforderung mit Élèntine

Protagonistinnen zu schreiben, die nahbar und gleichzeitig stark sind, ist eine der schwierigsten Aufgaben im Genre. Élèntine sollte vermutlich verletzlich und menschlich wirken – in einer Welt, die ihr fremd ist, in einer Zwangsehe, umgeben von Intrigen. Das verstehe ich.

Aber für mich persönlich war es schwer, mit ihr mitzufühlen, weil sie aus Fehlern nicht wirklich zu lernen scheint. Selbst einschneidende Ereignisse wie der Tod ihres Leibwächters führen nicht zu erkennbaren Veränderungen in ihrem Handeln. Das hat mich als Leserin oft ratlos zurückgelassen, weil ich gerne mit ihr mitgefiebert hätte – aber stattdessen immer wieder den Kopf geschüttelt habe.

Vielleicht ist das eine bewusste Entscheidung der Autorin, eine Figur zu zeigen, die erst über mehrere Bände wächst. Für mich hat es in diesem ersten Band leider nicht funktioniert.

Was mich getragen hat

Das Worldbuilding ist solide. Jaumann erschafft eine Welt, die man sich gut vorstellen kann – dunkel, gefährlich, mit klaren Regeln zwischen den Rassen. Der Schreibstil ist zugänglich und angenehm zu lesen, ohne oberflächlich zu sein.

Die Nebenfiguren haben mich oft mehr interessiert als die Haupthandlung. Bei mehreren Charakteren habe ich lange gerätselt, welche Rolle sie wirklich spielen. Das hat Spannung erzeugt, die mir an anderen Stellen gefehlt hat.

Cayden als Werwolfkönig hat Potenzial – die "harte Schale, weicher Kern"-Dynamik funktioniert grundsätzlich. Allerdings wirkte seine Geduld mit Élèntine irgendwann nicht mehr wie Charakterstärke, sondern eher unglaubwürdig. Das hat für mich auch die Romance geschwächt, obwohl die Momente zwischen ihnen durchaus ihre Anziehung hatten.

Struktur und Tempo

Der Anfang zieht einen rein, da war ich wirklich dabei. Aber je weiter ich kam, desto zäher wurde es. Manche Konflikte wiederholen sich, ohne dass sich etwas verändert. Andere wichtige Wendungen werden schnell abgehandelt. Als Lektorin denke ich: Hier hätte ein strafferes Pacing geholfen, vielleicht auch mutigere Schnitte.

Für ein Debüt zeigt das Buch aber durchaus, dass die Autorin schreiben kann. Das ist keine Selbstverständlichkeit.

Das Hörbuch als Alternative

Christina Miceli hat mir geholfen, das Buch zu Ende zu bringen. Ihre Stimme gibt den Figuren eine Tiefe, die im Text manchmal fehlt. Élèntine wirkt durch ihre Interpretation weniger eindimensional, die Atmosphäre kommt besser rüber. Wenn ihr das Buch lesen wollt, würde ich zur Hörbuchversion raten.

Mein Fazit

3 Sterne – weil ich sehe, was das Buch sein könnte, aber für mich persönlich hat es nicht ganz funktioniert. Das heißt nicht, dass es ein schlechtes Buch ist. Es hat einfach nicht meinen Lesegeschmack getroffen.

Wer düstere Romantasy mit Slow Burn mag und bereit ist, einer Protagonistin Zeit zum Wachsen zu geben (möglicherweise über mehrere Bände), findet hier vielleicht genau das Richtige. Wer sich an Figuren aufhängt, die nicht nachvollziehbar handeln, wird vermutlich ähnlich kämpfen wie ich.

Ich bin gespannt, wie sich Jaumanns Schreiben in zukünftigen Büchern entwickelt. Das Handwerk ist da – jetzt braucht es nur noch Charaktere, die diesem Handwerk gerecht werden.

Weiter
Weiter

Zwischen Begeisterung und gemischten Gefühlen – ein Buch mit viel Potenzial