Wenn Licht und Schatten sich vermischen... (Rezensionsexemplar)
Liebe Fantasy-Freunde,
nach meiner Begeisterung für den ersten Band habe ich mich voller Vorfreude auf "Der Schatten folgt dem Licht" gestürzt – die Fortsetzung, die viel versprach, aber nicht alles halten konnte. Heute teile ich mit euch meine durchwachsene Leseerfahrung mit diesem zweiten Teil.
Nahtloser Einstieg in bekannte Gefilde
Eines vorweg: Der Einstieg in den zweiten Band gelingt mühelos, da die Geschichte nahtlos am Ende des ersten Bandes ansetzt. Das erleichtert den Wiedereinstieg in die Welt und ihre Charaktere ungemein. Kein langes Zurückerinnern notwendig – man ist sofort wieder mittendrin.
Was mir besonders positiv auffiel: Die emotionale Tiefe der Charaktere wurde im Vergleich zum ersten Band noch ausgebaut. Die Gefühlswelt wird facettenreicher dargestellt und erlaubt einen tieferen Einblick in die Motivationen und inneren Konflikte der Protagonisten.
Das Schattenweben nimmt Gestalt an
Das Konzept des Schattenwebens, das im ersten Band noch etwas nebulös blieb, wird nun deutlich klarer. Die Art, wie die Schatten miteinander interagieren und eigene charakterliche Dimensionen bekommen, fand ich besonders faszinierend:
"Die Schatten sind nicht nur Abbilder unserer selbst – sie sind eigenständige Wesen mit ähnlichen, aber doch unterschiedlichen Wünschen und Ängsten."
Diese Entwicklung verleiht der Geschichte eine zusätzliche Ebene, die ich sehr genossen habe. Es ist, als würde jeder Charakter eine zweite, schattenhafte Dimension erhalten, die sowohl Ähnlichkeiten als auch subtile Unterschiede zur "Originalversion" aufweist.
Beziehungsdynamiken im Wandel
Die zwischenmenschlichen Beziehungen entwickeln sich weiter und sorgen für interessante Spannungen. Besonders die Frühstücksszene mit Gorda hebt den Freundschaftsaspekt wieder stärker hervor und bereichert die zwischenmenschlichen Beziehungen im Buch.
Allerdings häufen sich die unerfüllten Zuneigungen, was manchmal etwas überladen wirkt. Den kleinen Crush von Gorda auf Maiger fand ich zwar niedlich, aber ich frage mich, welche Konflikte diese vielen Beziehungsstränge noch mit sich bringen werden.
Was mich persönlich störte: Die Annäherung zwischen bestimmten Charakteren erschien mir unglaubwürdig. Meiner Meinung nach gibt es Grenzen des Verzeihens – und der Versuch, jemanden umzubringen, gehört für mich definitiv dazu. Dennoch zeigt die Autorin geschickt, dass Gefühle nicht einfach verschwinden, selbst wenn der Verstand es anders will – ein realistischer, wenn auch für mich unbefriedigender Aspekt.
Charakterentwicklung: Licht und Schatten
Die absolute Stärke dieses Bandes liegt in Maigers Charakterentwicklung. Seine inneren Gedanken, die die Verbindung zum ersten Band wieder aufnehmen, und sein Weg der Selbstfindung nach dem Ablegen der Wirker-Ansichten sind meisterhaft ausgearbeitet.
Auch Toriks Genesung ist gut inszeniert. Er bleibt seiner Persönlichkeit treu und nimmt wieder seine Rolle als Mentor für Norey ein, was für Kontinuität in der Geschichte sorgt.
Eine besondere Erwähnung verdient Jahors Konfrontation mit den Göttern – die Szene, in der er sich mit sich selbst und seinen Taten auseinandersetzen muss, gehört zu den stärksten des Buches.
Worldbuilding bleibt stark
Das Worldbuilding bleibt auf dem hohen Niveau des ersten Bandes und nimmt den Leser überzeugend mit in die wechselnden Szenen. Die Welt wird lebendig und greifbar beschrieben, ohne in langatmige Beschreibungen abzudriften.
Toriks Reise in die Vergangenheit bietet wertvolle Einblicke in seinen Charakter und vertieft seine Beziehung zu Aurora. Gleichzeitig eröffnen die Enthüllungen über den Sonnenstein und die Wirker Hinweise auf weitere politische Intrigen.
Wo das Licht verblasst
Leider verliert die Geschichte im letzten Drittel deutlich an Qualität. Die Wendungen wirkten teilweise vorhersehbar oder klischeehaft – besonders die Verbindung zwischen bestimmten Charakteren durch ihre Schatten empfand ich als zu offensichtliche Plotlösung.
Das Erzähltempo, das an manchen Stellen schon etwas schleppend war, verändert sich zum Ende hin drastisch. Der Abschluss und die letzten Auseinandersetzungen wirkten gehetzt und brachten nicht die übliche Spannung mit sich.
Ebenso schade: Die Platzierung mancher POV-Wechsel nahm unnötig Spannung heraus. Toriks POV verriet beispielsweise vorzeitig, ob er lebt oder nicht – eine verpasste Chance, diese Spannung länger zu halten.
Fazit: Ein Licht, das im Schatten verblasst
"Der Schatten folgt dem Licht" ist eine solide, aber nicht herausragende Fortsetzung. Der Band knüpft an die Stärken des ersten Teils an (Worldbuilding, emotionale Tiefe), verliert aber im Verlauf an Spannung und Überzeugungskraft – besonders im letzten Drittel.
Die Charakterentwicklung einiger Figuren – allen voran Maiger – ist gelungen, aber andere Aspekte der Geschichte bleiben unausgereift. Die letzten Auseinandersetzungen und das Ende haben mich leider nicht überzeugt und hinterließen mich eher distanziert als begeistert.
Meine Wertung: 3 von 5 Sternen ⭐⭐⭐
Trotz meiner Kritik bin ich gespannt, wie sich die Reihe weiterentwickeln wird. Die Reise hat gerade erst begonnen, und es gibt noch viele offene Fragen, die in einem nächsten Band beantwortet werden könnten.
Für wen ist dieser Band?
Fans des ersten Teils, die die Charaktere und die Welt bereits ins Herz geschlossen haben
Leser, die Wert auf emotionale Tiefe und Charakterentwicklung legen
Fantasy-Enthusiasten, die bereit sind, über einige Schwächen in der Handlung hinwegzusehen
Menschen, die sich für die Konzepte von Licht und Schatten, Dualität und Vergebung interessieren
Habt ihr "Der Schatten folgt dem Licht" bereits gelesen? Wie steht ihr zu der Annäherung der beiden Charaktere, die ich kritisiert habe? Und was haltet ihr von der Entwicklung des Schattenwebens? Teilt eure Gedanken gerne in den Kommentaren!
Bis zum nächsten Buchtipp, Eure [Name]
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